Karl Friedrich Schinkel

1781–1841

Berlin-Mitte, Schinkelplatz: Das Denkmal Karl Friedrich Schinkels von Friedrich Drake

Karl Friedrich Schinkel

1781–1841

Karl Friedrich Schinkel, am 13. März 1781 in Neuruppin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) als Pfarrerssohn geboren, war Architekt, Bühnenbildner, Grafiker, Maler und Stadtplaner und – nicht nur in seiner Funktion als preußischer Oberlandesbaudirektor und Architekt des Königs – als überzeugter Europäer aus dem Baugedanken Andrea Palladios (1508–1580) heraus der entscheidende Mitgestalter des Klassizismus im damaligen Preußen. Seine Definitionen vom Ernsten und Anmutigen, vom Erhabenen und Prächtigen in der Architektur sind Schlüsselbegriffe, die nicht nur Einblick in sein Werk sondern in eine ganze Epoche geben und ihn in seinem universalen Ansatz als Johann Wolfgang von Goethe der Architekten kenntlich machen. Beispielhaft steht hierfür seine Italien- und Klassikbegeisterung, die ihn antrieb, in den Regierungs-, Wohn- und Kirchenbauten Preußens die Vielfalt italienischer Formen, die er auf Reisen in sich aufgenommen hatte, aufleben zu lassen und zu vollenden. Inspiration war ihm hierbei frühzeitig das Elternhaus, die Schulzeit am Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin und seine Ausbildung bei dem Architekten David Gilly (1748–1808), der unter anderem Kirche und Gutshaus in Paretz im Havelland für Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise neu- bzw. umgestaltete und damit eines der ersten Beispiele für die Neogotik in Deutschland errichtete.

Die  Berliner Neue Wache ist Schinkels erster Repräsentativbau und zu gleich, trotz einiger baulicher Zugeständnisse, sein populärster. Bereits hier erweist sich die ideelle Vielfalt und das architektonische Durchsetzungsvermögen des seit 1815 als Oberbaurat und ab 1838 als Oberlandesbaudirektor von Berlin agierenden Architekten. Die berühmten Nachfolgebauten wie das Schauspielhaus (1818–21), die Friedrichswerdersche Kirche (1821–31), das Alte Museum (1824–28), Schloss Charlottenhof im Park von Sanssouci (1827), die St. Nikolaikirche am Alten Markt in Potsdam (1830–37) und die kleinen, vielfach Vorbild gebenden Vorstadtkirchen sind beredtes Zeugnis davon.  Ausgehend von der Neuen Wache, die als eines der Hauptwerke des Klassizismus gilt, prägte Schinkel mit der Vielzahl seiner Bauten und Innenausstattungen den sich aus Antike und Romantik entwickelnden preußischen Klassizismus maßgeblich. Darüber hinaus vermochte er es gleichermaßen, in städtebaulicher Hinsicht konzeptionelle Neuerungen zu verwirklichen. Deutlich wird dies zum Beispiel in der Beziehung der Neuen Wache zu den sie umstehenden Nachbargebäuden. Die zweckorientierte und auf eine umfassendere Ordnung städtebaulicher Räume abzielende Planung war ein Novum. Dabei gebricht es Schinkel nie an Phantasie. Erweist sich der zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Neuen Wache 37 Jahre alte Schinkel durchaus dem romantischen Zeitgeist und dessen Empfindungswelt nahe, die in den antiken Bildern Bukoliens und so im Klassizismus durchaus Entsprechungen findet, so weiß er dies stilistisch geschickt und beispielhaft zu verbinden, was die Lage der Neuen Wache in einem Kastanienwäldchen deutlich macht.  Über diese romantisch-klassizistische Prägung hinaus zeigt sich Schinkel in seiner Zweckorientiertheit, die dennoch alle Aspekte des Baus vereint, besonders in den nicht verwirklichten Entwürfen als ein moderner Architekt, dem es an visionären Ideen nicht mangelt.

Auch über sein architektonisches Wirken hinaus hat sich Karl Friedrich Schinkel künstlerisch betätigt. Neben mehreren Dombildern, Bühnenbildern für die Berliner Bühnen (unter anderem 1816 für »Die Zauerflöte« von Wolfgang Amadeus Mozart) und der Herausgabe der Zeitschrift »Sammlung architectonischer Entwürfe« (1819–40), verfasste er Bücher, darunter ein nicht vollendetes architektonisches Lehrbuch, entwarf Möbel, Denkmäler, Grabmäler, Taufsteine und Bilderrahmen. Ohne diesen umfassenden und begeisterten ästhetischen Gestaltungswillen gäbe es auch die wilhelminische Mietskaserne mit dem Stuck an der Decke in dieser Form nicht. Auch die alte und schon beinahe vergessene Technik des Lehmziegelbrennens wurde auf Geheiß Karl Friedrich Schinkels wieder aktiviert. Besondere Aufmerksamkeit verdienen neben den großen Repräsentativbauten auch die vier kleineren Vorstadtkirchen, die Karl Friedrich Schinkel für Berlin entworfen und bauen lassen hat – alle vier Kirchen wahren bei hoher Funktionalität einen individuellen Charakter und beantworten dabei gemeinsam die Frage nach der Form eines protestantischen Gotteshauses seiner Zeit. Es sind die als Saalkirchen mit eingestellten Emporen konzipierten Johanneskirche in Moabit, die Nazarethkirche am Leopoldsplatz im Wedding und die Paulskirche am Gesundbrunnen. Die Elisabethkirche als vierte dieser Kirchen wirkte in ihrer ursprünglichen Gestalt durch die doppelgeschossigen Emporen dreischiffig. Bei allen Kirchen ist der halbrunde Chorraum jeweils um einige Stufen erhöht und mit drei Fenstern versehen. Alle vier Kirchen sind aus Backstein.

Karl Friedrich Schinkel, der 1809 Susanne Berger, die Tochter eines Stettiner Kaufmanns geheiratet und gemeinsam mit ihr vier Kinder hatte, starb am 9. Oktober 1841 in Berlin. Das von ihm entworfene Eiserne Kreuz, die erste Auszeichnung Preußens, die jedwedem für seine Tapferkeit ohne Ansehen seines Standes verliehen werden konnte, ist bis heute Hoheitszeichen der Bundeswehr. Als seine berühmtesten Schüler gelten der Erbauer der Friedenskirche Potsdam-Sanssouci, Ludwig Persius (1803–1845), und der Architekt des Neuen Museums zu Berlin, Friedrich August Stüler (1800–1865).

Berlin-Mitte, Schinkelplatz: Das Denkmal Karl Friedrich Schinkels von Friedrich Drake

Berlin-Mitte, Schinkelplatz: Das Denkmal Karl Friedrich Schinkels von Friedrich Drake, im Hintergrund die 1824 errichtete Friedrichswerdersche Kirche

1809: Schinkelkirche Neuhardenberg

1815: »Mittelalterliche Stadt am Fluss«, Alte Nationalgalerie Berlin

1815: »Die Sternenhalle der Königin der Nacht», Gouache auf Vergé-Papier, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett – Bühnenbildentwurf für »Die Zauerflöte« von Wolfgang Amadeus Mozart.

1819 bis 1821: Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. Kupferstich von L. M. N. Sohn nach einer Zeichnung von Berger, ca. 1830

1819 bis 1821: Schauspielhaus Berlin am Gendarmenmarkt (heute Konzerthaus Berlin, etwa 1825

1822: Schloss Neuhardenberg (vollständiger Umbau für Karl August von Hardenberg)

1824: Altes Museum in Berlin-Mitte am Lustgarten, ursprünglich »Neues Museum«

1824: Altes Museum in Berlin-Mitte am Lustgarten, ursprünglich »Neues Museum«, Friedrich Alexander Thiele, Kolorierte Radierung, 19300

1830: St. Nikolaikirche in Potsdam (Foto: Andreas Schoelzel, wwwschoelzel.net)1

1830: St. Nikolaikirche in Potsdam (Foto: Andreas Schoelzel, wwwschoelzel.net)2

1838: Schloss Kamenz, heute Kamieniec Ząbkowicki in Niederschlesien