Argula von Grumbach
1492–1554
Argula von Grumbach
1492–1554
Argula von Grumbach wurde um 1492 als Tochter des Reichsfreiherrn Bernhardin von Stauff und seiner Frau Katharina auf der Burg Ehrenfels, die heute eine Ruine ist, nahe Regensburg in der westlichen Oberpfalz geboren. Ihr Vater war durch Bestallung des bayrischen Herzogs Albrecht IV. (1447–1508) Hauptmann von Landshut. Argula wurde in ihrer frühen Jugend Hoffräulein am Münchener Hof bei Herzogin Kunidunde von Österreich (1465–1520). Als ihre Eltern 1509 beide an der Pest starben, nahm sich die Herzogin ihrer besonders an. 1516 heiratete sie den fränkischen Reichsritter Friedrich Wolfskeel von Grumbach, der 1530 starb. Von den vier gemeinsamen Kindern Georg, Hans Georg, Gottfried und Appolonia, überlebte nur Gottfried seine Mutter.
Dank der Bildung am Münchner Hof setzte sich Argula von Grumbach frühzeitig mit der Reformation auseinander. Sie las die Schriften Martin Luthers, setzte sich mit Paul Speratus (zunächst Priester, dann Prediger, Reformator und Liederdichter, 1484–1551) auseinander, stand mit Georg Spalatin (Theologe, Humanist und Historiker, 1484–1545) und Andreas Osiander (Theologe und Reformator, 1498–1552) im Briefwechsel und schrieb 1523 in einem Brief »von Dr. Martinus alles gelesen zu haben, was in deutscher Zunge ausgegangen« sei. Auch dem Wittenberger Reformator selbst hat sie mehrere Briefe geschrieben. Als der 18-jährige Wittenberger Magister Arsacius Seehofer im nahe gelegenen Ingolstadt zum Widerruf gezwungen und in die oberbayrische Benediktinerabtei Ettal verbannt wurde, suchte sie Andreas Osiander in Nürnberg auf, der über die Bildung und Bibelkenntnis Argulas erstaunt war. Sie trat darauf mit Sendschreiben an den bayerischen Herzog Wilhelm IV. (den Standhaften, 1493–1550) und die Ingolstädter Universität mit mehreren Schriften auf – »Ain christentlich schrifft ainer Erbarn Frauen vom Adel, darin sy alle christentliche obrigkeit ermant, bey der Warheit und dem Wort Gottes zu bleyben und solches auf christenliche pflicht ernstlicher zu handthaben« (1523) und »Wie eyn Christliche fraw des adels in Beiern durch jren in Gotlicher schrift wolgegründten Sendtbrieffe die hohenschul zuo Jngoldstat vmb das sie einen Euangelischen Juengling zuo wydersprechung des wort Gottes betrangt haben straffet« (1523).
»Wie eyn Christliche fraw des adels in Beiern …« wurde zahlreich vervielfältigt, sodass binnen kurzer Zeit nachweislich mindestens vierzehn Ausgaben erschienen, die Argula von Grumbach weit über Bayern hinaus bekannt machten. Sie war eine der ersten weiblichen Autorinnen der Reformation. 1524 schrieb sie in einem Brief an den Bürgermeister und die Ratsherren der Reichsstadt Regensburg: »Das Wort Gottes muss unsere Waffe sein – nicht mit Waffen dreinzuschlagen, sondern den Nächsten zu lieben und Frieden untereinander zu haben.«
Familiär zog ihr Eintreten für die Reformation große Schwierigkeiten nach sich. Ihrem Mann wurde 1524 das Amt genommen, auch die Verwandtschaft trat gegen sie auf, sodass die Familie in finanzielle Not geriet. Martin Luther nannte sie in einem Brief an den Königsberger Reformator Johann Briesmann (urspünglich sorbischer Herkunft aus Cottbus, 1488–1549) »ein einzigartiges Werkzeug Christi«.
Die Universität in Ingolstadt ließ alle ihre Brief unbeantwortet. Argula setzte ihre Hoffnung auf den 2. Nürnberger Reichstag. Sie erschien dort und wurde vom Pfalzgrafen zu einem Gespräch gebeten. Ihre Hoffnungen verwirklichten sich jedoch nicht. In späteren Jahren trat sie publizistisch nicht mehr hervor. 1530 besuchte sie Martin Luther auf der Veste Coburg und führte mit ihm ein Gespräch, ehe sie weiter zum Reichstag nach Augsburg reiste, der sich zur »Confessio Augustana« beriet.
1533 heiratete die Witwe Argula von Grumbach den Grafen Schlick zu Passau, wurde aber bald wieder Witwe. 1563 wird berichtet, dass sie in Straubing inhaftiert wurde, weil sie ihre Untertanen in Köfering durch Verlesen aufrührerischer Schriften gegen die katholische Kirche aufgehetzt habe. Argula von Grumbach starb vermutlich am 13. Juni 1568 im unterfränkischen Zeilitzheim südlich von Schweinfurt. Ihre Grabstätte befindet sich dort bei der evangelisch-lutherischen Pfarrkirche St. Sigismund. Die bayrische Schriftstellerin Louise Otto-Peters (1819–1895), die die Initiatorin der ersten deutschen Frauenbewegung ist, widmete Argula von Grumbach 1893 ein Gedicht:
Argula hat des Lebens Glück genossen – Die Liebe führte sie zum Traualtar, Froh ward das heilig feste Band geschlossen, Das »Ja« entquoll der Lippe frei und wahr, Und treu vereint dem liebenden Gefährten Ward ihr des Weibes schönstes Los auf Erden!
Doch lange nicht – in edler Liebe Feier, Nur wenig Jahre waren hingerauscht, Da hat ihr junges Haupt den Witwenschleier Nur zu schnell für den Brautkranz eingetauscht! Die blühnden Kinder wiegt als vaterlose Die Trauernde auf ihrem Mutterschoße.
In tiefem Schmerze möchte sie vergehen, Sich flüchten aus dem öden Weltgewühl, Durch Tränenflöre nur zum Himmel sehen Zum Gatten auf im sehnenden Gefühl – Doch ihre Kinder mahnen sie ans Leben, Sie muss als Mutter, Vater für sie streben.
So sei das heil´ge Erbe angetreten! Sie weiht sich ganz des Lebens ernster Pflicht, Recht Handeln gilt ihr mehr als weinend Beten, Und mehr als Dulden, Streben nach dem Licht; Die Mutterpflicht gibt ihr den Mut, die Stärke, Ihr Teil zu fordern an dem Fortschrittswerke.
Dem Fortschrittswerke, das der Mönch begonnen, Der kühne Luther, durch den Kampf mit Rom. Auch ihr war ja die Bibel längst der Bronnen, Aus dem sie schöpfte der Begeistrung Strom, Die Kraft auf seine Seite sich zu stellen, Mit solchem Licht die Menschheit zu erhellen.
Um ihrer Kinder, um der Menschheit willen Tritt Argula aus ihrem Fraungemach Hinaus ins Leben, so den Drang zu stillen Der auch in ihr von Licht und Freiheit sprach; Vor Luther selbst weiht sie sich ihrer Sache Und hält für ihn, für Glaubensfreiheit Wache.
Sie sucht die Welt, nicht nur ein Stück vom Himmel, Ihr Horizont ist unbegrenzt und weit. Sie dient dem Ew´gen in der Welt Getümmel, Sie dient mit freiem Geiste ihrer Zeit. Sie fürchtet nicht, dass was im Innern blühe In Sonn´ und Sturm und frischer Luft verglühe.
Sie sucht nicht im Gebet in Klostermauern Des Gottes gnadenreiche Gegenwart; Ihr hat er sich in gleichen Ahnungsschauern Im Tempel der Natur geoffenbart; So dient sie ihm bis auf des Todes Winken Die treuen Händen segnend niedersinken.
Kirchen / Wirkungsstätten
- Barfüßerkirche, Augsburg-Lechviertel
- Christuskirche, München-Neuhausen
- Dreieinigkeitskirche, Regensburg
- Erlöserkirche, München-Schwabing
- Friedenskirche, Nürnberg
- Gnadenkirche, Nürnberg-Schafhof
- Gustav-Adolf-Gedächtniskirche, Nürnberg-Lichtenhof
- Immanuelkirche, München-Denning
- Jubilatekirche, München-Waldperlach
- Kreuzkirche, München-Schwabing
- Matthäuskirche, Ingolstadt
- Melanchthonkirche, Nürnberg-Ziegelstein
- Nazarethkirche, München
- Paul-Gerhardt-Kirche, München-Laim
- St. Sebald, Nürnberg
- St. Matthäus, München
- St. Lukas, München-Lehel
- St. Egidien, Nürnberg
- St. Anna, Augsburg
- St. Lorenz, Nürnberg
- St.-Johannis-Kirche, Nürnberg
- St. Markus, München-Maxvorstadt
- St. Johannes-Kirche, Ingolstadt
- St. Johannes, München-Haidhausen
- St. Paul, Nürnberg
- St. Sigismund, Kolitzheim-Zeilitzheim