Karl Hemmeter
1904–1986
Karl Hemmeter
1904–1986
»Ein kleiner und schmächtiger Mann ist er, durch die Rachitis in früher Kindheit geprägt. Das Gehen macht ihm Mühe. Und doch geht ein freundliches Lächeln über seine Lippen. In seiner Hand ist stets eine rauchende Zigarre. Die Arme scheinen fast überlang mit kräftigen Händen.« So erinnert sich Achim Fürniss, Pfarrer an der Matthäuskirche Backnang.
Der Bildhauer Karl Hemmeter wurde am 18. Februar 1904 im mittelfränkischen Weißenburg in Bayern geboren. Als zweiter Sohn von Sophie und Friedrich Hemmeter wuchs er in einem streng evangelisch geprägten und wirtschaftlich armen Elternhaus auf. Wegen einer Erkrankung an der Wirbelsäule im ersten Lebensjahr war es ihm erst mit drei Jahren möglich, hinkend zu gehen. 1919 musste er im Alter von 15 Jahren in der Werkstatt des Vaters mithelfen, ab 1924 konnte er die Staatsschule für angewandte Kunst in Nürnberg besuchen und lernte beim Grafiker Rudolf Schiestl vor allem den Holzstich. Mit Wilhelm Nida-Rümelin als Lehrer beschäftigte sich Karl Hemmeter mit der Plastik und wechselte 1926 an die Münchner Kunst-Akademie, um seine Studien bei Joseph Wackerle fortzusetzen. Zur Finanzierung des Studiums von Karl Hemmeter trugen Stipendien seiner Geburtsstadt und einzelner Personen bei.
Einen ersten großen Auftrag erhielt er 1928 für ein lebensgroßes Kruzifix für die St. Andreaskirche in Weißenburg und außerdem sollte er ein Kruzifix für das Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern anfertigen. Diese Auftragsarbeiten ließen ihn zunehmend bekannt werden. Ab 1932 konnte Karl Hemmeter als selbstständiger Künstler tätig sein, der sich künstlerisch stark an Ernst Barlach als Vorbild orientierte. 1934 ließ er sich in München nieder und heiratete Els Endel, mit der er vier Kinder hatte. Ein besonderes Augenmerk legte Karl Hemmeter in seinem Werk auf die Darstellung des Gekreuzigten. Berühmt geworden ist besonders seine goldene, 4,60 Meter große in den Raum schwebende und segnende Christusfigur in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. So zeigt sich bei Karl Hemmeter ein enger Bezug von Leiden und Leben, der seinen Werken aus Holz, Stein und Bronze eine besondere Ausstrahlung verleiht.
Im württembergischen Backnang steht die beinahe lebensgroße Holzfigur einer Frau mit Kind auf der Flucht, von Karl Hemmeter ursprünglich als Kriegsdenkmal geschaffen, das allerding dem Auftraggeber zu unheroisch erschien. Die Plastik aus Eichenholz heißt »Kriegsende« und erinnert an das Werk von Käthe Kollwitz. Der apathische, sorgenvolle Gesichtsausdruck der Frau aus Holz trägt die Erlebnisse von Schrecken und Heimatverlust in sich. Und doch kann sie das Kind neben sich, das seine Hände vor das Gesicht presst, umfassen und Schutz bieten. Sie wird zu einem Ort des Geborgen-Seins, einem Platz des Lebens im Leiden. 1954 erhielt Karl Hemmeter den Kulturpreis der Stadt Nürnberg. Seine Werke finden sich nicht nur in Kirchen, sondern auch als eine riesige Freiluftplastik aus roter Lava für eine Wohnanlage an der Münchener Riesenburgstraße. Außerdem ist ein Tiefrelief von Karl Hemmeter im Foyer des Residenztheaters zu sehen und das Tiefrelief »Denker« von 1961 im Sitzungssaal des Bayerischen Obersten Rechnungshofs in München. Am 6. August 1986 verstarb Karl Hemmeter in München.
Kirchen / Wirkungsstätten
- Auferstehungskirche, Heilbronn-Böckingen
- Alte lutherische Kirche am Kolk, Wuppertal-Elberfeld
- Adventskirche, München-Aubing-Lochhausen-Langwied
- Christuskirche, Heilbronn
- Christuskirche, Heidenheim an der Brenz
- Christuskirche, Bisingen
- Dreieinigkeitskirche, Wiesenttal-Streitberg
- Ev. Erlöserkirche, Gmund am Tegernsee
- Gustav-Werner-Kirche, Stuttgart-Feuerbach
- Kilianskirche, Heilbronn
- Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, Berlin-Charlottenburg
- St. Andreaskirche, Weißenburg in Bayern
- St. Johannes, Wasserburg (Bodensee)