Jürgen Henkys

1929–2015

Jürgen Henkys

1929–2015

Jürgen Henkys wurde am 6. November 1929 als Sohn eines Pfarrers in Heiligenkreutz (Krasnotorowka) im damaligen Ostpreußen, heute Russland, geboren. Seine Schulzeit erlebte er zeitweilig in Königsberg (Kaliningrad) und kam mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Wyk auf der Nordseeinsel Föhr und schließlich nach Leverkusen. Dort legte er 1948 das Abitur ab und studierte Evangelische Theologie in Wuppertal, Göttingen, Heidelberg sowie in Bonn.

1954 zog Jürgen Henkys in die damalige DDR, um in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg zu arbeiten. Nach seinem Vikariat in Groß Mehßow in der Niederlausitz wurde er 1956 ordiniert und zunächst Hilfsprediger am Dom in Brandenburg an der Havel, dann Studieninspektor am benachbarten Predigerseminar. Dabei hat Jürgen Henkys zunehmend die Frage nach der Weitergabe und Vermittlung des Glaubens beschäftigt. So wurde Religions- und Gemeindepädagogik zum Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Ab 1959 wirke er im Predigerseminar als Dozent für Katechetik und promovierte 1965 an der Universität Greifswald zum Thema »Bibelarbeit. Der Umgang mit der Heiligen Schrift in den evangelischen Jugendverbänden nach dem Ersten Weltkrieg«. Im selben Jahr wechselte Jürgen Henkys als Dozent für Praktische Theologie an das Sprachenkonvikt, bis 1990 Kirchliche Hochschule Ost-Berlins, das das Studium der Evangelischen Theologie anbot und dem SED-Staat als »Zentrum reaktionärer Kräfte und feindlicher Ideologie« galt.

Zunehmend interessierte er sich für die Zusammenhänge von Sprache und Musik, was ihn zur Beschäftigung mit Kirchenliedern und Liedkunde führte. Nachdem Jürgen Henkys 1975 an einer Fachtagung der »Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Hymnologie« im niederländischen Groningen teilnahm, fing er an, zahlreiche Lieder ins Deutsche zu übersetzen. Aus dem Dänischen, Niederländischen, Norwegischen, Schwedischen und Englischen.

Jürgen Henkys‘ sprachlich klare Übertragungen, die sich geschmeidig in die jeweilige Melodie einfügen, bauen Brücken zwischen Sprachen, Ländern und Traditionen. Viele von ihnen sind im Evangelischen Gesangbuch zu finden, darunter »Morgenlicht leuchtet« (1987, nach dem englischen »Morning has broken« – EG 455), »Gib Frieden, Herr, gib Frieden« (1980, nach dem niederländischen »Geef vrede, Heer, geef vrede« – EG 430) und »Herr, du hast mich angerührt« (1982, nach dem norwegischen »Herre, du har reist meg opp« – EG 383).

So öffnete sich das Gesangbuch zusehends dem internationalen Liedgut und das Land der Reformation profitierte von diesen vielfältigen Einflüssen. Mit den Worten von Jürgen Henkys gesagt: »Von Deutschland aus sind seit der Reformation zahllose Lieder in alle Welt exportiert worden, während der Import seltene Ausnahme blieb. […] Nun konnten wir unsererseits teilbekommen an einem Reichtum, den es bei uns noch nicht gab: wirklich zeitgenössische Kirchenlieder, die dennoch engen Kontakt zur klassischen Liedtradition hielten, statt sich avantgardistisch oder populistisch gegen diese Tradition absetzen zu wollen.« Seiner Liebe zur Sprache und dem Umgang mit dem Wort konnte Jürgen Henkys ab 1991 auch als erster Universitätsprediger nach langer Zeit im wiedervereinigten Berlin nachgehen, da er nach seiner Habilitation 1988 in den Jahren 1991 bis 1995 die Professur für Praktische Theologie an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin innehatte. Seit seiner Emeritierung veröffentlichte er Bücher, unter anderem »Geheimnis der Freiheit. Gedichte Dietrich Bonhoeffers aus der Haft« (2005) oder »Stimme, die Stein zerbricht. Geistliche Lieder aus benachbarten Sprachen« (2003) und trat ein für einen Glauben, der besonders im Singen ein gelebter und redender Glaube ist. Jürgen Henkys ist am 22. Oktober 2015 im Alter von 85 Jahren verstorben.

Text: Jürgen Henkys (1987) nach dem englischen »Morning has broken« von Eleanor Farjeon (vor 1933) Melodie: gälisches Volkslied (vor 1900)

Jürgen Henkys:
Morgenlicht leuchtet (EG 455) – Athesinus Consort Berlin, Klaus-Martin Bresgott (CD »Choral:gut! Die schönsten Lieder des Gesangbuchs«, 2012)

Morgenlicht leuchtet (EG 455)

1. Morgenlicht leuchtet, rein am Anfang.
Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt.
Dank für die Lieder, Dank für den Morgen,
Dank für das Wort, dem beides entspringt.

2. Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet.
So lag auf erstem Gras erster Tau.
Dank für die Spuren Gottes im Garten,
grünende Frische, vollkommnes Blau.

3. Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen,
Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht!
Dank überschwänglich, Dank Gott am Morgen!
Wieder erschaffen grüßt uns sein Licht.

Jürgen Henkys (1929–2015)