Egon Eiermann
1904–1970
Egon Eiermann
1904–1970
Egon Eiermann wurde am 29. September 1904 in Neuendorf bei Berlin geboren. Nach dem Abitur studierte er von 1923 bis 1927 bei Hans Poelzig (1869–1936) Architektur an der Technischen Hochschule Berlin- Charlottenburg und war anschließend zwei Jahre als Architekt bei der Karstadt AG in Hamburg. Schon in seinem ersten Bau 1929, dem Umspannwerk der Berliner Elektrizitätswerke AG (BEWAG), zeigte Egon Eiermann die Grundbausteine seines Architektur: klare Kuben und Stahlbetonkonstruktion mit Ziegelverkleidung. 1931 eröffnete Eiermann mit Fritz Jaenecke (1903–1978) ein eigenes Büro in Berlin und trat dem Deutschen Werkbund bei. In den dreißiger Jahren und während des Zweiten Weltkriegs profilierte sich Egon Eiermann weiter als Industrie-Architekt und baute unter anderem das Fabrikgebäude der Degea-AG in Berlin (1938) und die Fabrikanlage Märkischer Metallbau in Oranienburg (1939–1941).
1947 ging er an die Technische Hochschule Karlsruhe. Von dort aus baute er 1951–1953/56 in Pforzheim Arlinger die Matthäuskirche. Der Bau ist ein einfaches Betonskelett, dessen Wandflächen mit Wabenfenster-Elementen aus bunten Dickglasscheiben gefüllt sind. Die Verwendung von Trümmerschutt des zerstörten Pforzheim galt beispielhaft für das Weiterleben nach dem Tod. Die expressive Färbung der Wabenfenster der Matthäuskirche stammt von Hans Theo Baumann (1924–2016). Die Fenster hinter dem gekreuzigten Jesus – über dem Altar von der Decke durch ein symbolisches Himmelstor abgehängt – sind rot und am Vormittag direkt von der Sonne durchleuchtet. Die Matthäuskirche gehört zu den wichtigsten Kirchenneubauten der Nachkriegsmoderne in Deutschland.
Als Mitbegründer des Rates für Formgebung gestaltete er 1954 die deutsche Abteilung der Triennale in Mailand. Zu den bedeutendsten Bau-Aufträgen der folgenden Jahre gehören sein Beitrag für die Internationale Bauausstellung, die 1957 im Berliner Hansa-Viertel eröffnet wurde und 1958, gemeinsam mit Sep Ruf, der Deutsche Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel. Nebenher entwarf Egon Eiermann in Verbindung mit konkreten Bau-Vorhaben zahlreiche Inneneinrichtungen und Möbel. Auf Studienreisen in die USA traf er sich in den 1950er Jahren mit so bedeutenden und das Bauhaus prägenden Architekten wie Walter Gropius (1883–1969), Marcel Breuer (1902–1981), Konrad Wachsmann (1901–1980) und Ludwig Mies van der Rohe (1886–1969).
Eines seiner bekanntesten Projekte entstand in den Jahren 1957 bis 1963 in Berlin: der Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Nachdem der ursprünglich geplante Abriss des alten Turmes Entrüstung in der Bevölkerung hervorrief, ließ er diesen bewusst stehen und stellte seinen auf einer durch Stufen erhöhten Plattform befindlichen achteckigen Hauptbau östlich und den sechseckigen Turm westlich um den alten Turm herum. In diese Zeit fällt auch der Entwurf für die Kanzleigebäude der deutschen Botschaft in Washington D.C., der Egon Eiermann in den USA berühmt machte und mit dem Architectural Award of Excellence honoriert wurde. 1965–1969 entstand nach Eiermanns Entwurf das Abgeordneten-Hochhaus des Deutschen Bundestages in Bonn, der sogenannte »Lange Eugen«, der in seiner filigranen Außenhaut typisch für Eiermann ist.
Neben etlichen weiteren Bauten und Ehrungen erhielt Egon Eiermann 1968 den Preis des Bundes Deutscher Architekten und das Bundesverdienstkreuz. Er starb am 19. Juli 1970 in Baden-Baden.
Egon Eiermanns Architektur und Werk zeichnen sich insgesamt durch Einfachheit, strenge Geometrie und unmittelbare Erkennbarkeit der Funktion aus. Mehr als 30 Bauten Eiermanns stehen heute unter Denkmalschutz. Einer seiner Grunderkenntnisse lautet: »Das bewusste Reduzieren, das Weglassen, das Vereinfachen hat eine tiefe ethische Grundlage: nie kann etwas zuwider sein, was einfach ist.«