Stephan Krawczyk

*1955

Stephan Krawczyk

*1955

Stephan Krawczyk wurde 1955 in Weida in Thüringen als Sohn eines Bergarbeiters und einer Postbotin geboren. Er studierte Konzertgitarre, gewann 1981 den Hauptpreis des DDR-Chanson-Wettbewerbes und war zunächst ein gefeierter Künstler, bis seine kritischen Texte wiederholt Anstoß erregten. Sein Austritt aus der SED 1985, den die Staatspartei als Parteiausschluss deklarierte, wurde zum Anlass genommen, ihm die Lizenz als Berufsmusiker zu entziehen. Das entsprach einem Berufsverbot. Während der folgenden Jahre, in denen er in Berlin wohnte und mit der Regisseurin Freya Klier zusammen war, konnte er nur noch in Kirchen auftreten und wurde einer der bekanntesten Regimekritiker der Honecker-Ära. 1988 wurde er verhaftet und schließlich in die Bundesrepublik abgeschoben.

Seit den 1990er Jahren wohnt Stephan Krawczyk wieder als freier Schriftsteller, Komponist und Sänger in Berlin. 1992 erhielt er den Bettina-von-Arnim-Preis, 2005 den Preis »Das unerschrockene Wort« vom Bund der Lutherstädte. Sein Verhältnis zu Martin Luther beschreibt Stephan Krawczyk so: »Ob ihr es glaubt oder nicht, in meiner Jugend hielt ich ihn für einen Mann, der kneift, wenn es ernst wird. Mein Held war der Anführer des Bauernaufstands, dessen Name hier nicht genannt werden soll, weil zu viel Blut dran klebt. Der, um den es hier geht, scheute die Gewalt. Wie auch ich die Gewalt scheue. Unsereins will die Welt mit dem Wort verändern, mit der Musik, mit den schönen Künsten. Wie dumm war ich in meiner Jugend, dass ich den friedlichen Weg in Gott für feige hielt. Nun, da mir Martin Luther vertraut geworden ist, kann ich ihn in mir hören. Ob ihr es glaubt oder nicht.«

Die Auseinandersetzung mit Martin Luther gipfelte 2012 in der bekannt gewordenen CD »erdverbunden – luftvermählt«, auf der Stephan Krawczyk etliche Lieder um und über den Reformator veröffentlicht hat – unter anderem »Auf frischer Tat«, »Was wahr ist« und »Ich, Martin Luther«.

Neben Liedern schreibt Stephan Krawczyk Bücher, unter anderem den Roman »Der Narr« (Zürich, 2003), »Der Himmel fiel aus allen Wolken« (Leipzig, 2009) und »Mensch Nazi« (Frankfurt am Main, 2013). Seine Texte finden sich in verschiedenen Veröffentlichungen. Einige seiner Kontrafakturen zu Chorälen sind unter anderem in die umfangreichen Chor-Anthologie zum Reformationsjubiläum »Frau Musica spricht … Chorbuch Reformation« aufgenommen worden, die 2011 im Bärenreiter-Verlag erschien.

Stephan Krawczyk:
Ich, Martin Luther (CD »erdverbunden, luftvermählt«, 2012)

Ich, Martin Luther

Stell dir vor, ich habe es gesehen,
wie der höchste Hirt den lieben Gott betrügt,
und wie die Schafe zu ihrem Hirten flehen,
und Seine Heiligkeit sie vollmundig belügt.

So wie ich bin, kann ich das Unrecht schwer ertragen,
hab gewartet auf den richtigen Moment,
bin losgegangen mit Hammer und Nagel
und mit den Thesen, die man heut´ aus Büchern kennt.

Es muss in jeder Zeit mindestens einen geben,
sei’s eine Frau, die widersteht, oder ein Mann.
Ich bin geboren für die Freude in Gott zu leben,
weswegen ich hier stehe und nicht anders kann.

© Text und Musik: Stephan Krawczyk (2012)

Stephan Krawczyk (*1955)