Volker Jaekel – Komponist

Alten Musik, Jazz und klassischer Choral

Hans Leo Hassler/Volker Jaekel:
»Mein Gmüt ist mir verwirret« (1601/2017)

Volker Jaekel – Komponist

Will man dem Komponisten Volker Jaekel auf die Spur kommen, muss man zunächst den Musiker Volker Jaekel besuchen – Samstagnacht am Flügel im Konzert, Sonntagvormittag an der Orgel im Gottesdienst, Montagabend dirigierend in der Probe, Dienstagnachmittag übend mit der Duopartnerin, Mittwochfrüh im Konzeptgespräch mit Gastmusikern … in den wenigen stillen Stunden dazwischen klingt es in ihm vor und weiter – das sind die Momente, in denen der Komponist bei sich ist und zu seinem Werk kommt.

Als Musiker bedienen Sie sehr verschiedene Genres – neben der Alten Musik steht der Jazz, neben dem klassischen Choral die konzertante Improvisation. Sie sind im klassischen Kantorenfach Zuhause – Orgelspiel und Chorleitung – gehen mit Ihren Aktivitäten aber weit darüber hinaus. Was liegt Ihnen besonders? Und was treibt Sie an? In der Tat: Ich fühle mich in sehr verschiedenen Musikrichtungen und -stilen Zuhause. Dabei empfinde ich sie gar nicht als so sehr verschieden. Woher das rührt? Gewiss spielt meine Herkunft aus einem thüringischen Pfarrhaus eine wichtige Rolle. Dort bin ich frühzeitig von Musik umgeben gewesen, hatte Klavier- und Orgelunterricht, habe aber auch immer schon improvisiert. Mit 14 hatte ich meine erste Band, in der wir sowohl AC/DC als auch die Beatles coverten – auch da war also schon eine gewisse Spannbreite vorhanden … Kurzum: die Erfahrung der Bereicherung durch Vielfalt ist der Grund meiner Liebe zur Vielfalt. Ich mag Musik unterschiedlichster Stile, verbinde gern Klassik mit Jazz oder Weltmusik. Wichtigster Antrieb dabei ist die liedhafte Komposition – egal ob Choral, Chanson oder Pop.

In welcher Musik fühlen Sie sich Zuhause? Gibt es Klänge oder Komponisten, die Sie besonders inspirieren? Zuhause fühle ich mich, wenn ich meine eigenen Kompositionen spielen oder am Piano improvisieren kann. Dabei lasse ich mich von unterschiedlichsten Komponisten und Musikern inspirieren – um nur einige zu nennen: Bach, Mozart, Mendelssohn, Brahms, Strawinsky, Hindemith, Chick Corea, Astor Piazzolla, Keith Jarrett, Brad Meldau, Sting und viele andere. Ebenso wirken Klänge von Arvo Pärt oder asiatische Klangmalereien und indische Ragas auf mich ein. Etliche Jahre hatte ich ein Trio – Space of Colours, in der Besetzung Piano, Posaune und indische Percussion – da verbanden wir klassische Formen mit Jazz, Improvisation und Weltmusik. Und gerade mit diesem genreübergreifenden Konzept begeisterten wir das Publikum auf unseren Tourneen weltweit. Grenzüberschreitende Formen der Musik inspirieren mich besonders.

Woran orientieren Sie sich in Ihrer Arbeit als Komponist? Komponieren Sie, was Ihnen unter den Nägeln brennt? Oder lassen Sie sich eher durch Aufträge inspirieren? Es gibt Phasen, da muss ich zu Papier bringen, was ich schon länger improvisierend mit mir herum trage. Das hat oft auch ganz praktische Gründe, weil diese Musik auf schöne Weise erwartet wird – ich habe sie in mir, jetzt soll sie hinaus, zu anderen – und ich freue mich, wenn auch andere meine Musik spielen oder singen. Dafür will und muss ich auf den Punkt kommen. Auftragskompositionen haben für mich einen ganz anderen Reiz, vorausgesetzt, es handelt sich auch um ein für mich inhaltlich interessantes Projekt. Das fordert mich auf ganz andere Art und Weise – es müssen bestimmte Parameter gemeinsam durchdacht und schließlich auch beachtet werden. Manchmal muss ich mich durch solche Aufträge »durchkämpfen« oder daran »abarbeiten«… es geht nicht immer leicht von der Hand.

Zwischen der Neuvertonung alter Weisen – wie unter anderem Ihre energetische Fassung von Martin Luthers Choral «Ein neues Lied wir heben an« (Carus Partitur 7.438/00) – und einer »Messe für Kinder- und Jugendchor und Instrumentalensemble« liegen auf den ersten Blick Welten. Wie schaffen Sie diesen Spagat? Für mich stellt die Unterschiedlichkeit der Besetzungen oder des Urmaterials kein Spagat dar. Das alte Lutherlied beispielsweise war sehr inspirierend für meine Arbeit am Chorsatz überhaupt. Und die Messe beschreibe ich gern mit »Neue Messe im alten Gewand«. Es ist eine schöne Herausforderung für mich: Wird es den Kindern und Jugendlichen Spaß machen, alte Messtexte zu singen? Wie kann ich das erreichen? Mit teilweise ganz traditionellen aber auch moderneren Stilmitteln, begleitet von einem Ensemble, das zwischen Klassik und Weltmusik improvisierend die Möglichkeiten erweitert, ist genügend Inspiration vorhanden …

Neben den Kompositionen für Chor kann man Sie hauptsächlich als Organist und am Flügel erleben – solistisch, vierhändig und in kleineren Besetzungen – sind Sie auch als Instrumental-Komponist aktiv? Oder dienen Ihnen Orgel und Flügel eher zum «freien Spiel«? Das freie Spiel und die Improvisation sind für mich und meine Arbeit als Musiker existentiell wichtig. Dabei werde ich locker, bekomme neue Ideen und werde dabei oft auch von mir selbst – wie von anderen – überrascht. Gleichermaßen bindet und fokussiert mich das Konkrete, Klare und Festgelegte. In meinen Duo-Programmen »Orgel Vierhändig« beispielsweise gibt es ein genau definiertes Programm. Ausflüge in die Improvisation sind da die Ausnahme und bedürfen genauer Absprachen. Im Duo »Saxofon & Orgel« bearbeiten wir hauptsächlich Werke aus Mittelalter und Renaissance bis zur Moderne – ich bin also auch für verschiedene Instrumentalbesetzungen kompositorisch tätig. Ganz oben aber steht bei mir das Lied in seinen Facetten – egal ob Choral, Chanson oder Popsong – es bietet für mich in der Verbindung von Musik und Text die schönsten Möglichkeiten, aktiv zu werden.

Das Gespräch führte Klaus-Martin Bresgott.

Volker Jaekel, geboren 1965 in Lobenstein 1982 bis 1988 Kirchenmusikstudium (A) an der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik in Halle (Saale), unter anderem bei Michael Pohl (Orgel), Volker Bräutigam (Improvisation) und Georg Christoph Biller (Chorleitung). 1990 bis 1992 Kapellmeisterstudium an der Hochschule für Musik »Franz Liszt« Weimar, unter anderem bei GMD Jörg Leipoldt. 1988 bis 1993 Kirchenmusiker in Gräfenthal (Thüringen). Seit 1993 als freischaffender Pianist, Organist und Komponist in Dresden und Köln. Unterricht in Jazzklavier unter anderem bei Aki Takase und Reggie Moore in Berlin. Seit 1995 intensive Konzerttätigkeit als Pianist und Organist in multikulturellen Projekten unter anderem mit seinem Weltmusik-Trio »Space of Colours« (Itacyr Bocato – Posaune, Tunji Beier – südindische Percussion); mit dem Multi-Media-Projekt »Lichtpiano« (zusammen mit dem Maler Matthias Bolz), mit dem Programm »Tanz« und »Orgel« (mit der Tänzerin Iris Sputh) und dem »Berliner Organisten Duo« (mit Elke Schneider) sowie dem Duo »Jaekel & Moritz«. Konzerte, Tourneen und Festivals in ganz Europa, Brasilien, Indien, Vietnam, Japan, Australien, Ägypten und Russland. Seit 2006 ist Volker Jaekel neben seiner Konzerttätigkeit als Musiker und Konzertveranstalter an der Nikodemus-Kirche in Berlin-Neukölln tätig. Mit seinem Trio »Space of Colours« verwirklichte Volker Jaekel seine Vorstellung von stilübergreifender Musik – Jazz, Klassik und Weltmusik zu einem neuen farbigen Klanggebilde verschmelzen zu lassen. Daneben konzertiert er häufig solistisch. Als Chorleiter arbeitet Volker Jaekel mit mehreren Ensembles und leitet zusammen mit Elke Schneider die »Prenzlberger Singvögel« (www.prenzlberger-singvoegel.com).

Weitere Informationen unter www.volkerjaekel.com

Volker Jaekel solo

Volker Jaekel: Orgel-Duo mit Elke Schneider

Volker Jaekel: Trio JAM

Volker Jaekel, Werke

Volker Jaekel, Werke

Volker Jaekel, Werke

Volker Jaekel, Werke

Volker Jaekel, Werke

Volker Jaekel, Werke