St. Marien

Wiesenburg (Mark)

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St. Marien
Schlossstraße 3

14827 Wiesenburg (Mark)

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Architektur

Erbaut: 1. Hälfte 13. Jahrhundert, 1879 (Turm)

Architekt:

Baustil: Romanik, Neoromanik

Beschreibung

Die Wiesenburger Stadtkirche St. Marien fußt in ihren ältesten Teilen auf romanischen Fundamenten aus der ersten Hälfte des 13.  Jahrhunderts. Es ist ein Feldsteinbau auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes mit einer im Osten anschließenden, polygonalen, innen rund vermauerten Apsis und einem im Westen angefügten, geschnürten Glockenturm, der mehrfach neu aufgemauert wurde. Der neoromanische Turm mit Feldsteinsockelgeschoss stammt von 1879. Auf den beiden mittleren Geschossen aus gelbem Backstein mit kräftigen Ecklisenen, die durch einen Rautenfries voneinander getrennt sind, erhebt sich über vier Giebeln aus rotem Backstein ein oktogonaler Turmhelm mit Kaiserstiel, Kugel und Kreuz. Die Außengestalt von St. Marien hat durch die Steinsichtigkeit und die hoch gelegenen, tief eingeschnittenen, schlanken romanischen Rundbogenfenster, die paarweise angeordnet sind, einen wehrhaften Charakter und macht die mittelalterliche Vorstellung der Kirche als eine Gottesburg deutlich. Das unterstreicht auch das kleine, vermauerte Rundbogenportal an der Nordwand. Das festliche, rundbogige Turmportal und das heute genutzte Spitzbogenportal in der Giebelwand des nördlichen Querhauses sind mit rotem Backstein eingefasst.

Beschreibung 2 ACF

Der Innenraum wirkt archaisch klar und besitzt mit der flachen Holzbalkendecke aus dem Jahr 1769 klare kubische Formen. Dabei ragen die Querschiffwände allseitig leicht in das Langhaus hinein, konturieren so die Vierung auf eher ungewöhnliche Art und Weise und lassen darauf schließen, dass hier möglicherweise einmal Bögen aufgesessen haben. Eine hufeisenförmige Empore, die auf der Westseite die 1755 erbaute Orgel von Johann Ephraim Hübner (1713–1781) aus dem etwa 40 Kilometer südlich gelegenen Wittenberg trägt, und eine das nördliche Querhaus füllende, gleichermaßen dreiseitige Herrschaftsempore prägen den Innenraum zusätzlich. Letztere ist auf das Jahr 1594 datiert und trägt, von Pilastern gegliedert, diverse Wappen, die mehrfach restauriert und noch bis 1929 ergänzt wurden. Im südlichen Querhaus befinden sich reizvolle Farb­verglasungen: die »Ölbergszene« (Lukas 19, 28–45) nach Lucas Cranach dem Älteren (1472–1553), der Ludwig van Beethoven (1770–1827) sein einziges Oratorium »Christus am Ölberge« gewidmet hat (op. 85, 1803) sowie »Christus als Kinderfreund« (Matthäus 19, 13–15), eine Auferstehung und eine Verkündigung, die alle zwischen 1864 und 1871 von Luise von Miltitz der Kirche übereignet wurden. Dort hängt auch der hölzerne Taufengel aus der Zeit des frühen 18.  Jahrhunderts, der allerdings statt einer Taufschale eine Lyra trägt. Zwischen Vierung und Chor hängt das 1958 gestaltete Triumphkreuz. In der Vierung steht eine mächtige oktogonale Sandsteintaufe in Form eines Kelches, deren Rand mit einem Lilienfries geschmückt ist. Die Zahl Acht, die auch im Turmhelm präsent ist, hebt die Bedeutung der Taufe hervor. Der Sieben und den sieben Schöpfungstagen ist in der Acht symbolisch ein neuer Schöpfungstag durch die Taufe hinzugefügt. Ein besonderes Aus­stattungsstück ist der Renaissance-Altar­aufsatz des Torgauer Steinbildhauers Georg Schröter (1535–1586), den dieser 1561 für St. Marien geschaffen hat. Es ist ein auf einer schmalen ­Predella ruhendes, steinernes Relief-Triptychon mit Ädikula-Aufsatz. Der leicht vorspringende Mittelteil wird wirkungsvoll von Pilastern gerahmt, seine Szene von einem Kleeblattbogen überfangen. Das dar­ge­stellte Abendmahl am Gründonnerstag (Lukas 22, 7–13) ist in einen großen Saal mit einem offenen Fenster platziert. In den etwas kleineren und schmaleren Seitenteilen wird die Szene links vom »Englischen Gruß« – der Verkündigung durch den Erzengel Gabriel an Maria (Lukas 1, 26–38) – und rechts von der Auferstehung (Markus 16, 1–8) flankiert. Im Aufsatz sind Gottvater und die weiße Taube, die die Flügel weit zum Segensgestus öffnet – Sinnbild des Heiligen Geistes – in den Wolken dargestellt. Auf der Predella ist, eingefasst von Wappen des Stifters Friedrichs III. Brandt von Lindau (um 1530–1578), die protestantische Abendmahlslehre zu lesen.

Quellenangaben: Klaus-Martin Bres­gott

St. Marien Wiesenburg (Mark): Eingangsbereich im Nordosten mit Labyrinth und Kriegsgedenkstätte (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): Blick von Nordwesten (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): Blick von Westen (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): Turmuntergeschoß (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): oktogonale Sandsteintaufe und Blick zum Altar (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): Renaissance-Altar­aufsatz des Torgauer Steinbildhauers Georg Schröter (1535–1586) von 1561 (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): hölzerner Taufengel aus der Zeit des frühen 18.  Jahrhunderts mit Lyra (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): Sandsteinepithaph von 1561 (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): Triumphkreuz, 1958 (Foto: Ralf Klöden)

St. Marien Wiesenburg (Mark): Blick nach Westen (Foto: Ralf Klöden)