Peter Froundjian: Christmas Piano Music
Peter Froundjian: Christmas Piano Music
Peter Froundjian: Christmas Piano Music
CD, Sony Classical, 2017 SM 88985380162
Schneeflocken pastoral, intime Klavierweihnacht
Das Klavier hat es in der Kirche nicht leicht – schlimmer noch, es kommt eigentlich gar nicht vor, sieht man von seiner Knechtschaft in den Chorproben ab, in denen es für das Einpauken komplizierter Tonfolgen, zur Beweisführung fehlender stimmlicher Intonation oder zur akkordischen Zurechtrückung herhalten muss. Sein künstlerisches Potential? Nicht gefragt. Ihm fehlen die erhaben berauschenden Farbfächer einer Orgel, hier muss alles aus dem Streicheln und Hämmern der Tasten kommen … und nun also Klavier zum Fest der Feste. Ausgerechnet. Statt Pauken und Trompeten, statt Chorjubel und Orgelbrausen nur das – nur Klavier … aber wie wunderbar ist das. Keine volltönende Begeisterung, keine himmlisch hereinbrechende orchestrierte Vielstimmigkeit, sondern wohnzimmerliche Intimität, bergend-geborgene, staunend bewegliche Klanggewebe und wundersam warme, lebendige Bilder für die kalten Tage, vor allem aber: für die Weihnachtstage und die darin stillstehende Zeit zwischen den Jahren. Was Peter Froundjian hier zusammengetragen hat und mit Zauberhänden spielt, ist eine impressionstische Weihnacht der lichten Töne, deren Helligkeit einen wunderbaren (Weih-)Nacht(s)himmel erleuchtet. Dazu hat er Kostbarkeiten eingesammelt: Schneeflocken (Snöflingor, op. 57, Nr. 2) des finnischen Komponisten Selim Palmgren (1878–1951), eine Noël en Pologne (op. 5, Nr. 2) des polnischen Komponisten Franciszek Brzeziński (1867–1944), poetischen Juletrøst (1864) des mit Hans Christian Andersen eng befreundeten Johann Peter Emilius Hartmann (1805–1900) oder die mit Zitaten aus französischen Weihnachtsliedern nur so durchflochtene, siebenteilige Pastourelles (1949) des französischen Dirigenten Désiré-Emile Inghelbrecht (1880–1965), der seinerzeit eng mit Claude Debussy befreundet war und etliche seiner Werke uraufführte. Man ist hingerissen, wie vielfältig diese selbst auch für die Klaviervirtuosen offenkundige Repertoire-Nische ist und man wird auf zauberhaft beschenkende Art belehrt, wie viele fantasievolle Kollegen die Heroen dieser Zunft wie Robert Schumann oder Frédéric Chopin gehabt haben, denen die Zeit weniger Aufmerksamkeit geschenkt hat. Am bekanntesten aus dem Reigen der hier klingend vorgestellten Komponisten ist wohl Ferruccio Busoni (1866–1924), in dessen Sonatina in diem Nativitatis Christi MCMXVII (BV 274) nicht nur seine lebenslange Beschäftigung mit Johann Sebastian Bach und der Polyphonie anklingt, die aus dem Hauptthema ein ehrwürdig vierstimmiges Fugato entstehen lässt, sondern auch heimatliche Traditionen mit einem leichtfüßigen Siciliano als weihnachtliche Pastorale. Der besondere Kosmos dieser Lichtblick-CD nimmt Sie auch mit zu Carl Nielsens (1865–1931) Drømmen om »Glade Jul«. Sie kennen ihn nicht? Dann wird es höchste Zeit!
Klaus-Martin Bresgott