Matthias Jorissen
1739–1823
Matthias Jorissen
1739–1823
»Singt, singt dem Herren neue Lieder!« – so beginnt eines der bekanntesten Lieder des reformierten Pfarrers und Liederdichters Matthias Jorissen. Es könnte zugleich sein theologisches und künstlerisches Credo gewesen sein. Denn darum hatte sich der Kaufmannssohn Jorissen, der am 26. Oktober 1739 in Wesel geboren wurde und auf Anraten seines Vetters Gerhard Tersteegen (1697–1769) in Duisburg und Utrecht Theologie studierte, verdient gemacht: die alten (ursprünglich französischen betexteten) Melodien des calvinischen »Genfer Psalters«, das ehrwürdige Liedgut der reformierten Kirche, in neue, zeit- und kunstgemäße Sprache zu bringen. Generationen vor ihm hatten sich an der allzu sperrigen Übersetzung Ambrosius Lobwassers (1515–1585) gerieben und auf eine poetische Übertragung der Psalmtexte ins Deutsche gehofft, die Sanglichkeit und Texttreue gleichermaßen berücksichtigen würde.
Diese »Neue Bereimung der Psalmen« besorgte Jorissen, seit 1782 Pfarrer in Den Haag (zuvor Hauslehrer und Prediger in Wesel und Avezathen), 1793 im Auftrag der reformierten Kirche und verdrängte damit nach ihrem Erscheinen 1798 den sogenannten »Lobwasser-Psalter«, der bislang im offiziellen Gebrauch der reformierten Kirche war. Dass er sich dabei allzu gewissenhaft an den Text des Alten Testaments hielt und weniger einer christlichen Deutung der Psalmen das Wort redete, sollte ihm manch einer seiner Zeitgenossen verübeln. Die Nachwelt dagegen hat es ihm – noch lange nach seinem Tod am 13. Januar 1823 – gedankt: Bis heute findet sich eine Auswahl seiner Psalmvertonungen im Evangelischen Gesangbuch. Darunter:
Matthias Jorissen:
Singt, singt dem Herren neue Lieder (EG 286) – Klaus-Martin Bresgott
Singt, singt dem Herren neue Lieder (EG 286 – nach Psalm 98)
1) Singt, singt dem Herren neue Lieder,
er ist’s allein, der Wunder tut.
Seht, seine Rechte sieget wieder,
sein heilger Arm gibt Kraft und Mut.
Wo sind nun alle unsre Leiden?
Der Herr schafft Ruh und Sicherheit;
er selber offenbart den Heiden
sein Recht und seine Herrlichkeit.
2) Der Herr gedenkt an sein Erbarmen,
und seine Wahrheit stehet fest;
er trägt sein Volk auf seinen Armen
und hilft, wenn alles uns verlässt.
Bald schaut der ganze Kreis der Erde,
wie unsers Gottes Huld erfreut.
Gott will, dass sie ein Eden werde;
rühm, Erde, Gottes Herrlichkeit!
3) Frohlocket, jauchzet, rühmet alle,
erhebet ihn mit Lobgesang!
Sein Lob tön im Posaunenschalle,
in Psalter- und in Harfenklang!
Auf, alle Völker, jauchzt zusammen,
Gott macht, dass jeder jauchzen kann;
sein Ruhm, sein Lob muss euch entflammen,
kommt, betet euren König an!
4) Das Weltmeer brause aller Enden,
jauchzt, Erde, Menschen, jauchzt vereint!
Die Ströme klatschen wie mit Händen;
ihr Berge, hüpft, der Herr erscheint!
Er kommt, er naht sich, dass er richte
den Erdkreis in Gerechtigkeit
und zwischen Recht und Unrecht schlichte;
des sich die Unschuld ewig freut.