Johann Gottfried Kinkel
1815–1882
Johann Gottfried Kinkel
1815–1882
Johann Gottfried Kinkel wurde am 11. August 1815 als Sohn des Pastorenehepaars Johann Gottfried Kinkel und Sibylla Marie Beckmann in Oberkassel, dem heutigen Bonner Stadtbezirk Beuel geboren. Nach dem Abitur studierte er ab 1831 Theologie – zunächst an der Universität in Bonn, ab 1834 in Berlin. Seine Prüfungen legte er wiederum an der theologischen Fakultät in Bonn ab.
1839 lernte Johann Gottfried Kinkel Johanna Mockel kennen. Sie war katholisch und lebte in Scheidung, was zu einiger öffentlicher Missstimmung führte. 1840 gründeten die beiden den »Maikäferbund«, einen literarischen Zirkel, der 1848 im Vorfeld der Revolution verboten wurde. Ihm gehörten unter anderem Jacob Grimm (1785–1863), der später berühmte Kunsthistoriker Jacob Christoph Burckhardt (1818–1897) und Georg Ludwig Weerth (1822–1856) an. Johanna konvertierte zwischenzeitlich zum evangelischen Glauben, die beiden heirateten 1843. Einer der Trauzeugen des Paares war der Lyriker Emanuel Geibel (1815–1884), aus dessen Feder das berühmte Frühlingslied »Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, / da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zuhaus; / wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt, / so steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.« (1841) stammt. Nach dieser Heirat war Johann Gottfried Kinkel für die theologische Fakultät der Universität nicht mehr tragbar. Daher wurde er 1845 umhabilitiert und der philosophischen Fakultät zugeordnet. Ab 1846 wirkte er als außerordentlicher Professor für Kunst-, Literatur- und Kulturgeschichte an der Bonner Universität.
1848 gründete Johann Gottfried Kinkel den »demokratischen Verein« in Bonn. 1849 wurde er als demokratischer Kandidat für den Wahlkreis Bonn-Sieg in das Preußische Abgeordnetenhaus gewählt und wurde Symbolfigur derer, die eine Republik gründen wollten. Er nahm 1849 sowohl am Siegburger Zeughaussturm als auch am badisch-pfälzischen Aufstand teil, weswegen er eine Festungshaft zunächst in Rastatt und dann in Karlsruhe, später in Bruchsal und schließlich im preußischen Zuchthaus Naugard (vormals Westpommern, heute Nowogard) absitzen musste. Johann Gottfried Kinkel galt als einer der Märtyrer der Revolution. Vielerorts bildeten sich Kinkel-Komitees, die Geld sammelten, um seine Familie zu unterstützen.
Im November 1850 floh Johann Gottfried Kinkel aus der Feste Spandau über Rostock und Edinburgh nach London. Johanna Kinkel folgte ihm mit den vier Kindern 1851 dorthin nach. Hier wurde er 1852 Professor für Literaturgeschichte am Hyde-Park-College, später am Bedford-College. Am 15. November 1858 starb seine Ehefrau Johanna. Im Jahre 1860 heiratete Kinkel die aus Königsberg stammende Minna Werner. 1861 wurde er durch die britische Regierung beauftragt, Vorträge zur älteren und neueren Kunstgeschichte im Londoner South-Kensington-Museum zu halten, das heute die weltweite größte Sammlung von Kunstgewerbe und Design beherbergt. Damit wurde der Grundstein für das Unterrichtsfach Kunstgeschichte in Großbritannien gelegt. Im Jahre 1863 wurde er Examinator an der Universität London und gründete dort 1869 mit deutschen Künstlern und Literaten den Verein für Wissenschaft und Kunst.
1866 hatte er parallel eine Professur für Kunstgeschichte am Polytechnikum in Zürich, dem Vorgänger der Eidgenössischen Technischen Hochschule, angenommen. Dort gründete er auch das Zürcher Kupferstichkabinett. Am 13. November 1882 starb Gottfried Kinkel nach längerer Krankheit in Zürich und wurde dort auf dem Friedhof Sihlfeld begraben. Bis zu seinem Tode hatte ihm Preußen eine Amnestie verweigert.
Eines seiner innigsten Lieder, das heute noch im Repertoire vieler Chöre zu finden ist, ist das vermutlich 1840 geschriebene »Ein geistlich Abendlied«, für das der durch seine Oper »Hänsel und Gretel« (1893) berühmt gewordene Komponist Engelbert Humperdinck (1854–1921) einen einfühlsamen Satz komponiert hat.
Johann Gottfried Kinkel:
Ein geistlich Abendlied – Atrium Ensemble Berlin, 2001
Ein geistlich Abendlied
Es ist so still geworden,
Verrauscht des Abends Wehn,
Nun hört man allerorten
Der Engel Füße gehn,
Rings in die Thale senket
Sich Finsternis mit Macht -
Wirf ab, Herz, was dich kränket
Und was dir bange macht!
Es ruht die Welt im Schweigen,
Ihr Tosen ist vorbei,
Stumm ihrer Freude Reigen
Und stumm ihr Schmerzenschrei.
Hat Rosen sie geschenket,
Hat Dornen sie gebracht -
Wirf ab, Herz, was dich kränket
Und was dir bange macht!
Und hast du heut gefehlet,
O schaue nicht zurück;
Empfinde dich beseelet
Von freier Gnade Glück.
Auch des Verirrten denket
Der Hirt auf hoher Wacht -
Wirf ab, Herz, was dich kränket
Und was dir bange macht!
Nun stehn im Himmelskreise
Die Stern’ in Majestät;
In gleichem festem Gleise
Der goldne Wagen geht.
Und gleich den Sternen lenket
Er deinen Weg durch Nacht -
Wirf ab, Herz, was dich kränket
Und was dir bange macht!
Kirchen / Wirkungsstätten
- Alte Evangelische Kirche Oberkassel, Bonn-Oberkassel
- Christuskirche, Bonn-Bad Godesberg (Plittersdorf)
- Deutscher Dom, Berlin-Mitte
- Ev. Kreuzkirche Bonn – Citykirche, Bonn
- Große Evangelische Kirche Oberkassel, Bonn-Oberkassel
- Lutherkirche, Bonn
- Pauluskirche, Bonn-Friesdorf
- St. Elisabeth, Berlin-Mitte