Eduard Mörike

1804–1875

Eduard Mörike

1804–1875

Eduard Friedrich Mörike wurde am 8. September 1804 in Ludwigsburg als siebtes Kind des Medizinalrates Karl Friedrich Mörike und Charlotte Dorothea, der Tochter eines Pfarrers, geboren. Nach dem Tod seines Vaters 1817 nahm ihn sein Onkel Eberhard Friedrich Georgii bei sich in Stuttgart auf. Neben dem Stuttgarter humanistischen Gymnasium besuchte er das evangelische Seminar Urach im ehemaligen Uracher Chorherrenstift. Anschließend studierte er von 1822 bis 1826 Theologie am Tübinger Stift. In dieser Zeit lernte er seinen in dieser Lebensphase wichtigen Freund und Dichter Wilhelm Waiblinger (1804–1830) kennen, der ihn auch mit Friedrich Hölderlin (1770–1843) bekannt machte. Auch mit dem angehenden Historiker Ludwig Amandus Bauer (1803–1846) verband ihn seither eine tiefe Freundschaft.

1826 begann Eduard Mörike sein achtjähriges Vikariat, während dessen er 1828 kurz als freier Schriftsteller für die Damen-Zeitung, die von Friedrich Gottlob Franckh verlegt wurde, arbeitete. 1834 übernahm er seine erste Pfarrstelle in Cleversulzbach. Gemeinsam mit seiner Mutter und der Schwester Klara bewohnt er das dortige Pfarrhaus. 1841 starb seine Mutter. Eduard Mörike beerdigte sie auf dem dortigen Friedhof neben der Mutter Friedrich Schillers, deren Grab er dort entdeckt hatte. Seine Zeit in Cleversulzbach hat Eduard Mörike unter anderem in dem Gedicht »Der alte Thurmhahn« verarbeitet.

Schon 1843 trat Eduard Mörike aus Zweifel und Unzufriedenheit mit seinem Amt in den einstweiligen Ruhestand und ließ sich ein Jahr später in Mergentheim nieder. Dort heiratete er 1851 die Katholikin Margarethe von Speeth, eine Freundin seiner Schwester Klara, in der Mergentheimer Schlosskirche. Ab dieser Zeit unterrichtete er regelmäßig Literatur, von 1856 bis 1866 am Königin-Katharina-Stift in Stuttgart. 1852 wurde ihm der Ehrendoktortitel der Universität Tübingen verliehen. 1855 wurde dem Paar die Tochter Fanny und 1857 die Tochter Marie geboren.

1862 wurde Eduard Mörike der Bayerische Maximilansorden und 1864 das Ritterkreuz des württembergischen Friedensordens verliehen. In dieser Zeit erhielt er vielfach Besuch befreundeter Schriftsteller – unter anderem von Theodor Storm (1817–1888), Friedrich Hebbel (1813–1863) und Iwan Turgenew (1818–1883). Zudem verband ihn eine Freundschaft mit dem spätromantischen österreichischen Maler Moritz von Schwind (1804–1871).

Zwischen 1867 und 1873 zog Eduard Mörike mehrfach um, zunächst nach Lorch, dann nach Stuttgart und weiter nach Nürtingen, ehe es ihn wieder nach Stuttgart zu. Dort starb Eduard Mörike am 4. Juni 1875 und wurde auf dem Pragfriedhof der Stadt beerdigt.

Eduard Mörike ist einerseits durch das epochale Frühlingsgedicht »Er ist´s« (Frühling lässt sein blaues Band / wieder flattern durch die Lüfte …), andererseits durch seinen Roman »Maler Nolten«, in dem dieses Gedicht auch vorkommt, und die Novelle »Mozart auf der Reise nach Prag« bekannt. Ist er auch zeitlich einer der wichtigen Vertreter des literarischen Biedermeier, so geht seine Intention und thematische Führung doch bereits stark in den Realismus über und hat in ihrer radikalen Weltflucht sehr moderne Ansätze. Seine Gedichte sind von großer metrischer Freiheit gekennzeichnet und haben viele Komponisten zu Vertonungen inspiriert – allen voran Hugo Wolf (1860–1903) und Hugo Distler (1908–1942), dessen »Mörike-Chorliederbuch« (op. 19, 1939) zu den herausragenden a cappella Chorbüchern des 20. Jahrhunderts zählt. Hier hat Hugo Distler 24 Gedichte des schwäbischen Dichters für gemischten Chor, sowie zwölf Gedichte für Frauenchor und zwölf Gedichte für Männerchor vertont.

Eines der Gedichte, mit denen sich das lyrisches Oeuvre Eduard Mörikes gleichbedeutend neben das Johann Wolfgang von Goethes (1749–1832) stellt, ist »Um Mitternacht«. Auch dieses hat Hugo Distler in das »Mörike-Chorliederbuch« mit aufgenommen:

Der Mörike-Preis der Stadt Fellbach gilt als einer der renommiertesten Literatur-Preise in Deutschland. Wolf Biermann, W.G. Sebald, Brigitte Kronauer, Michael Krüger und Jan Wagner sind einige der Träger dieses Preises.

Eduard Mörike:
Um Mitternacht – Lilienfelder Cantorei Berlin, Klaus-Martin Bresgott (CD »Urlaltes Wehn«, 2004)

Um Mitternacht (1828)

Gelassen stieg die Nacht ans Land,
Lehnt träumend an der Berge Wand,
Ihr Auge sieht die goldne Waage nun
Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn;
Und kecker rauschen die Quellen hervor,
Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.

Das uralt alte Schlummerlied,
Sie achtet’s nicht, sie ist es müd;
Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,
Der flüchtgen Stunden gleichgeschwungnes Joch.
Doch immer behalten die Quellen das Wort,
Es singen die Wasser im Schlafe noch fort
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.

Eduard Mörike (1804–1875)

Eduard Mörike (1804–1875)